Stift Admont in Geschichte und Gegenwart

Stift Admont in Geschichte und Gegenwart
(Von Johann Tomaschek)

Wenige Kilometer vor dem Eintritt der Enns in das wildromantische Gesäuse liegt in einer großartigen Gebirgslandschaft die Marktgemeinde Admont mit dem gleichnamigen Benediktinerstift, dem ältesten bestehenden Kloster der Steiermark. Die Gegend hier ist uralter Siedlungsboden und wird schon im Jahre 859 urkundlich genannt. Weitaus älter noch ist allerdings der Name „Admont“, der wohl von einer altslawischen Bezeichnung der Örtlichkeit herzuleiten ist und in den frühesten überlieferten Schreibweisen „Ad[a]mun-t[on]“ lautet. Somit erweist sich die beliebte und bis in jüngste Zeit verbreitete Ableitung vom lateinischen „ad montes“ („zu den Bergen“) als unzutreffend, wenngleich die Land­schaft selbst mit ihrer prächtigen Gebirgskulisse eine solche Deutung zu rechtfertigen scheint.

Der ganze Landstrich an der mittleren Enns war ursprünglich königliches Gut, das im Laufe der Zeit durch Schenkung in verschiedene Hände kam, vor allem an die Erzbischöfe von Salzburg und an die Grafen von Friesach-Zeltschach. Die wohl bekannteste Persönlichkeit aus dieser Familie, die hl. Hemma von Gurk, übertrug vor ihrem Tode (1045) diese obersteirischen Besitzungen ihrerseits dem Salzburger Erzbischof Balduin mit dem Auftrag, die Güter für die Stiftung eines Klosters zu verwenden. Bis zur Verwirklichung dieses Auftrags sollten jedoch noch drei Jahrzehnte vergehen und erst dem großen Erzbischof Gebhard, der kurz zuvor das ebenfalls von Hemma gestiftete Nonnenkloster Gurk in einen Bischofssitz umgewandelt hatte, ist die Gründung eines Männerklosters in Admont zu verdanken. Gebhard selbst hat 1074 die Klosterkirche geweiht, die ersten Mönche kamen aus St. Peter in Salzburg.

Die Gründung des Stiftes Admont stand jedoch, was die äußeren Zeitumstände anbetraf, unter keinem allzu günstigen Stern. In den Wirren des Investiturstreites hatte die Abtei wegen der papsttreuen Gesinnung ihres Gründers mancherlei Anfeindung und Gewalttätigkeit zu erleiden; Erzbischof Gebhard fand in diesen unruhigen Zeiten hier Zuflucht und wurde auch nach seinem Tod (1088) in dieser seiner Lieblingsstiftung begraben. Die Gebeine des von der Kirche als Seligen verehrten Klostergründers ruhen heute im Hochaltar des Münsters, das er einst zu Ehren des Märtyrerbischofs Blasius geweiht hatte; sein Todestag (15. Juni) wird in Admont alljährlich ebenso festlich begangen wie der Gedächtnistag der hl. Hemma (27. Juni), die mit ihrer großzügigen Stiftung den Grund für die materielle Existenz der Abtei gelegt hatte.

Nach den drangvollen Jahrzehnten seiner frühesten Geschichte erholte sich das Kloster unter dem Einfluss der großen hirsauischen Reformbewegung und mit der tatkräftigen Unterstützung durch die Salzburger Erzbischöfe erstaunlich rasch und entwickelte sich bald zu einem kulturellen und geistlichen Zentrum allerersten Ranges. Um 1120 wurde dem Stift auch ein Frauenkloster nach der Benediktus-Regel angeschlossen, dessen Nonnen sich durch ihre hohe Bildung und literarische Tätigkeit einen bedeutenden Ruf erwarben. Das Männerkloster selbst war im 12. Jahrhundert ein wichtiger Träger der klösterlichen Reform – nicht weniger als dreizehn Mönche von Admont wurden damals zur Abtwürde in verschiedene österreichische und süddeutsche Klöster berufen.

Während des ganzen Mittelalters war Admont eine der hervorragendsten Stätten der Pflege von Kultur und Wissenschaft in der Steiermark. Da es die Äbte verstanden hatten, den Stiftsbesitz durch kluge Wirtschaftsführung weiter zu vergrößern, war das Kloster bald auch außerhalb des Landes reich begütert – in Kärnten, Tirol, Salzburg und Bayern sowie in Niederösterreich und Wien. Diese starke wirtschaftliche Position bildete die Voraussetzung für die geistlichen, kulturellen und sozialen Unternehmungen des Stiftes, wie sie etwa in der berühmt gewordenen Schreib- und Malschule, aber auch in der umfassenden Rodungstätigkeit und in einem vorbildlichen Fürsorgewesen für die Bevölkerung zum Ausdruck kamen. Die bemerkenswerteste Gestalt dieser Epoche und wohl eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der Stiftsgeschichte überhaupt ist zweifellos Abt Engelbert (1297 -1327) gewesen, der als einer der größten Gelehrten seiner Zeit gelten kann und eine Fülle von wissenschaftlichen Abhandlungen hinterlassen hat.

Nach der lang anhaltenden Epoche spätmittelalterlicher Blüte, die sich auch in einer umfangreichen Bautätigkeit manifestiert hat, geriet das Stift seit dem frühen 16. Jahrhundert, wie fast alle Ordenshäuser im Lande, in eine Zeit des Niedergangs, der wiederum von den äußeren Zeitumständen mitbestimmt war. Für die Finanzierung der Türkenkriege musste das Kloster ein Viertel seiner Besitzungen veräußern und den Erlös dem Kaiser zur Verfügung stellen. Damals und in den folgenden Jahrzehnten wurden fast alle außerhalb der Steiermark gelegenen Stiftsgüter verkauft, doch war der verbliebene Besitz freilich noch immer von einer respektablen Größe. Schwerer als die Verminderung der ökonomischen Substanz wog jedoch die weitgehende Entvölkerung des Klosters durch das Eindringen des reformatorischen Gedankenguts, so dass sich der Personalstand des Konvents um 1580 schließlich nur mehr auf zwei Patres belief. Das Nonnenkloster war den Zeitumständen völlig zum Opfer gefallen und ist späterhin nicht mehr wieder errichtet worden.

Im Zuge der seit dem späten 16. Jahrhundert in verstärktem Maße einsetzenden katholischen Reform und mit dem Vordringen der kirchenpolitischen Gegenreformation erlebte das Stift jedoch eine neue Konsolidierung und konnte auch in der Folge eine überaus gedeihliche Entwicklung nehmen. Tüchtige Äbte – zunächst aus anderen Klöstern hierher berufen – stellten die Abtei auf eine gesicherte personelle und wirtschaftliche Grundlage und schufen so die Möglichkeit für die neuerliche Entfaltung reichen kulturellen Lebens. Schon bald nach 1600 wurde ein durchgreifender Um- und Neubau der Stiftsgebäude durchgeführt, wobei man mit der mittelalterlichen Bausubstanz des Klosters durchaus nicht schonend umgegangen ist. Stift Admont hat sich somit um die Mitte des 17. Jahrhunderts schon in einem weitgehend neuen baulichen Zustand präsentiert, der das äußere Erscheinungsbild des Klosters in der Folge für etwa ein Jahrhundert geprägt hat beachtliche Aktivitäten aufzuweisen.

Unter Abt Urban Weber, der allenthalben im Stift sowie auf dessen Pfarren und Besitzungen als Bauherr seine Spuren hinterlassen hat, wurde 1644 in Admont ein Gymnasium errichtet, das nach dem Vorbild der Jesuitenschulenorganisiert war und jene Tradition des höheren Schulwesens begründete, die bis zum heutigen Tag zu den nicht wegzudenkenden Aufgabenbereichen der Abtei gehört. – Auch die künstlerische Tätigkeit erreichte im 17. Jahrhundert in Admont einen beachtlichen Höhepunkt in der von dem Klosterbruder Benno Haan begründeten Stickereischule, die eine große Anzahl prächtiger Textilkunstwerke hervorgebracht hat.

Die spätere Barockzeit ist im Stift Admont hingegen untrennbar mit dem Namen des Bildhauers Josef Stammel verbunden, der den größten Teil seines Lebenswerkes diesem Kloster gewidmet und sich insbesondere in den Skulpturen der Stiftsbibliothek ein unvergängliches Denkmal gesetzt hat. Die ehrgeizigen Pläne zu einer nochmaligen barocken Umgestaltung der Stiftsgebäude um die Mitte des 18. Jahr­hunderts sind allerdings nur zu einem Teil verwirklicht worden. Die von Gotthard Hayberger vorgelegten Entwürfe für einen geradezu gigantischen Neubau erwiesen sich von An­fang an als undurchführbar und sind auch nur in bescheidenerem Maße in Angriff genommen worden. Auch diese Bautätigkeit, späterhin von Josef Hueber fortgesetzt, kam nach einigen Jahrzehnten gänzlich zum Erliegen, so dass sich das Kloster damals als eine malerisch anmutende Verbindung von „altem“ Stiftsgebäude aus der Zeit vor 1650 und dem „Neugebäude“ aus dem 18. Jahrhundert darstellte; zu dieser Zeit dürfte es, was seine Ausmaße anbelangte, nicht nur das größte Ordenshaus, sondern das größte Gebäude der Steiermark überhaupt gewesen sein.

Der drohenden Aufhebung zur Zeit des josephinischen Klostersturms konnte Stift Admont glücklicherweise entgehen, obwohl von Seiten der Regierung die Auflösung auch dieser altehrwürdigen und um die Kultur im Lande so hoch verdienten Abtei bereits beschlossen war. Gerade in dieser Hinsicht hat sich das Stift in den Jahren um 1800 besonders hervorgetan und die Behauptung, dass Admont zu dieser Zeit das größte Bildungszentrum der Steiermark nach der Landeshauptstadt Graz war, ist durchaus nicht als Übertreibung aufzufassen. Neben einer 1777 errichteten „Normal-Hauptschule“, der auch eine Lehrerbildungsanstalt angeschlossen war, befand sich im Stift das schon erwähnte Gymnasium, eine philosophische Lehranstalt, an der vorwiegend die Naturwissenschaften gepflegt wurden, und ein theologischer Studienbetrieb, in dem die jungen Ordensleute des Stiftes und anderer Klöster ausgebildet wurden. Seit 1804 waren auch die Lehrerstellen des Grazer Gymnasiums für eine Zeitlang mit Admonter Benediktinern besetzt, die um diese Zeit auch mehrere Lehrkanzeln an der Universität der Landeshauptstadt innehatten.

Die Seele dieser rührigen Bildungsstätte im Stift Admont war Abt Gotthard Kugelmayr, der neben seiner weitgespannten Tätigkeit als Stiftsvorsteher auch noch so manche Aufgabe im Dienste der Öffentlichkeit vollbracht hat. So ist ihm etwa während der Gründungsphase des von Erzherzog Johann ins Leben gerufenen „Joanneums“ in Graz die Betreuung dieser Institution übertragen worden und seinem Geschick ist es zu verdanken, dass diese für die Steiermark so wichtige Stätte der Wissenschaftspflege schon in kurzer Zeit auf festen Beinen stand und die ihr vom Gründer zugedachten Aufgaben erfül­len konnte.

Der Personalstand des Klosters war um diese Zeit mit mehr als achtzig Patres ungewöhnlich hoch, doch waren außer den genannten Lehranstalten natürlich auch noch jene zahlreichen Pfarren zu besetzen, deren Betreuung dem Kloster im Laufe der Jahrhunderte übertragen worden war. So glanzvoll sich Stift Admont im frühen 19. Jahrhundert im Hinblick auf sein kulturelles Wirken darstellte, so schlimm war seine wirtschaftliche Situation geworden, wozu vor allem die politischen Ereignisse der Zeit – die Franzosenkriege mit ihren Folgen – einen erheblichen Teil beigetragen hatten. Nur mit großer Mühe und unter schwierigsten Bedingungen gelang es dem Stiftsadministrator und späteren Abt Benno Kreil, die Finanzen zu sanieren und den großen Wirtschaftskörper späterhin auch nach dem Ende der grundherrschaftlichen Betriebsstruktur auf einer lebensfähigen Grundlage zu halten.

In diese viel versprechende Entwicklung unter nunmehr geänderten Zeitumständen fiel jene Katastrophe, die alle bis dahin im Lauf der Stiftsgeschichte eingetretenen Schicksalsschläge übertraf. Am 27. April 1865 brach in einem Haus des Ortes Feuer aus, das mit ungeahnter Schnelligkeit auf die Stiftsgebäude übergriff und in kürzester Zeit den allergrößten Teil des Klosters in Schutt und Asche legte. Der herrliche Bibliothekssaal mit seinem kostbaren Bücherbestand konnte gerettet werden, und der Umstand, dass dieses Kleinod die Katastrophe ohne Schaden überstanden hatte, mochte dem obdachlos gewordenen Konvent zusätzlich Mut gegeben haben, das schwierige und kostspielige Werk des Wiederaufbaus in Angriff zu nehmen. Die aus dem 17. Jahrhundert stammenden Trakte des „Altgebäudes“, die von den Flammen besonders arg beschädigt waren, mussten fast völlig abgetragen werden, die drei großen Trakte des „Neugebäudes“ hingegen konnte man weitgehend in ihrer ursprünglichen Gestalt wieder instand setzen. Die durch den Brand zerstörte Kirche wurde auf den alten Fundamenten in neugotischen Formen aufgebaut.

Doch wie schon seinerzeit der große Plan Haybergers nur zu einem Teil ausgeführt worden war, blieb auch der Wiederaufbau nach dem Brand von 1865 ein Torso – weder der vorgesehene Verbindungstrakt zwischen Prälatur und Kirche noch der Quertrakt durch das „Rosarium“ sind ausgeführt worden. Als man am Beginn unseres Jahrhunderts die nötigen Mittel hierfür endlich beisammen hatte, vereitelte der erste Weltkrieg dieses Vorhaben. Das Stift hatte durch die Zeichnung eines enormen Betrages an Kriegsanleihe seine finanziellen Reserven erschöpft und sah sich bald auch außerstande, den laufenden Verbindlichkeiten nachzukommen. Die allgemeine Wirtschaftskrise tat ihr übriges, so dass das Kloster in den Dreißigerjahren am Rande des Bankrotts stand. Die Leitung der Abtei wurde daraufhin dem apostolischen Administrator und späteren Abt Bonifaz Zölß übertragen, der durch eine Politik der äußersten Sparsamkeit und zahlreiche Verkäufe die Stiftsökonomie wieder ins Lot bringen konnte. Die Freude über diesen Erfolg. war aber nur von kurzer Dauer. Nach dem „Anschluss“ Osterreichs an das Deutsche Reich wurde das Stift unter dem gerade damals völlig haltlosen Vorwand einer schlechten Wirtschaftsgebarung aufgehoben und von den NS-Machthabern verwaltet. Die Klostergemeinschaft musste ihr Ordenshaus verlassen und lebte in den verschiedenen Pfarren verstreut, doch verstand es der Administrator, der Kommunität das Bewusstsein der Zusammengehörigkeit zu erhalten, so dass die Patres im Herbst 1945 mit der Rückstellung der stiftischen Gebäude und Besitzungen auch das klösterliche Leben wieder in der gewohnten Form aufnehmen konnten.

Der Neubeginn nach der Wiedererrichtung des Stiftes war nach anfänglichen Schwierigkeiten schon bald durch eine überaus erfreuliche Entwicklung gekennzeichnet, die un­trennbar mit dem Namen des Abtes Koloman Holzinger (1956 – 1978) verbunden ist. Was in den Jahren seiner Regierungszeit geschaffen wurde, hat weithin dazu beigetragen, der Abtei jenes Ansehen zu verleihen, das sie innerhalb des Ordens, der Diözese und der Öffentlichkeit auf geistlich­seelsorglichem, schulischem, kulturellem und wirtschaftlichem Gebiet genießt. Das Jubiläumsjahr 1974 brachte in diesem Zusammenhang weitere beachtliche Aktivitäten, von denen der völlige Neubau des Stiftsgymnasiums und die Überlassung des stiftischen Schlosses Röthelstein an das Ju­gendherbergswerk hervorzuheben sind.

Die gegenwärtigen Aufgabenbereiche des Stiftes sind umfangreich und mannigfaltig und werden zum kleineren Teil von Klosterangehörigen, zum weitaus größten Teil jedoch von weltlichen Kräften wahrgenommen. Die Mehrheit der Patres ist in der Seelsorge tätig, da die stattliche Zahl von insgesamt 27 Pfarren zu betreuen ist – um die Hälfte mehr, als die übrigen vier steirischen Abteien insgesamt mit ihren Geistlichen zu besetzen haben. Die admontischen Pfarren liegen durchwegs in der Obersteiermark, vor allem an Enns und Salza sowie im Palten- und Liesingtal. Zu ihnen gehören etwa der reizvoll gelegene Wallfahrtsort Frauenberg mit seiner großartigen Barockkirche oder das idyllische Johnsbach im Gesäuse mit dem berühmten Bergsteigerfriedhof.

Im Stifte selbst ist vor allem das auf jahrhundertealte Tradition zurückblickende Gymnasium einer der hauptsächlichen Tätigkeitsbereiche der Patres. An dieser Schule, die in einem großzügig konzipierten Neubau untergebracht ist, erhalten jährlich an die 650 Burschen und Mädchen ihre Ausbildung. Das Gymnasium, das volles Öffentlichkeitsrecht genießt, ver­fügt über einen humanistischen, einen neusprachlichen und einen musisch-mathematischen Zweig und hält so ein weitgefächertes Bildungsangebot bereit.

Ähnlich hoch wie die Schülerzahl des Stiftsgymnasiums ist übrigens die Anzahl der in den stiftischen Betrieben beschäftigten Arbeiter und Angestellten. Wenn auch der größte Teil der Arbeitsplätze auf die umfangreiche Forstwirtschaft und die Betriebe der holzverarbeitenden Industrie entfällt, so sind doch auch in Landwirtschaft und Gärtnerei, in dem seit 1911 bestehenden Elektrizitätswerk und in der Bauabteilung sowie im Schul- und Hoheitsbereich zahlreiche Menschen tätig, weshalb Stift Admont als einer der größten Arbeitgeber im weiten Umkreis gelten kann. Somit verbindet sich an dieser altehrwürdigen Stätte die mehr als 900 jährige Tradition des klösterlichen Lebens mit den Erfordernissen der Gegenwart in Kirche und Welt, getreu dem Grundsatz der Benediktus-Regel, „dass in allem Gott verherrlicht werde“.